Ein Reisebericht aus Mexiko
Obwohl es die heißeste Zeit des Jahres ist, obwohl mich in den ersten Tagen die Mücken förmlich auffressen, obwohl ich mir einen Sonnenbrand einfange und ich fast eine Woche brauche, um mich halbwegs zu akklimatisieren, bin ich dankbar für die Sonne, die wirklich jeden Tag scheint.
In vielen Lagunen und Cenotes (Höhlen) im Dschungel darf man keine Cremes verwenden, um das Wasser zu schützen.
Ab 20 Stichen vorrangig an Füßen und Unterschenkeln am ersten Tag, die ein paar Stunden später anfangen, höllisch zu jucken, habe ich aufgehört zu zählen.
Interessanterweise hört die Mückenplage nach wenigen Tagen auf. Mein Gastgeber führte im ganzen Haus ein mayanisches Reinigungsritual mit Copal (Baumharz) durch und trieb damit auch die Mosquitos aus dem Haus. Inzwischen merke ich fast nichts mehr.
Noch immer bekomme ich jeden Tag Hitzebläschen – trotz Sonnenschutzfaktor 50 und 70 und obwohl ich mich nur beim Radfahren direkter Sonneneinstrahlung aussetze. Da helfen nur lange Ärmel, selbst bei der Hitze.
Ich genieße es trotzdem und bin sehr dankbar, nachts in Top und Shorts unterwegs zu sein – was für eine Wohltat! Ich wusste schon gar nicht mehr, wie das ist.
Am Meer in Quintana Roo:
Ich bin überrascht und fasziniert, wie zutraulich alle Tiere sind, denen ich begegne oder die ich aus nächster Nähe beobachte. Die Leguane posen gern in den Mayaruinen und am Strand hüpfen sie auch mal auf deine Liege, um was zu futtern.
Am Felsrand einer Caleta (runder, felsiger Einschnitt am Meer mit Zugang zum Strand) sitzen Kormorane, Pelikane und andere Meeresvögel, neben welchen du unbekümmert nur wenige Meter entfernt herum schwimmen kannst.
Selbst da, wo das Wasser nur knietief ist, kannst du unter der Oberfläche jede Menge Fische entdecken, die ebenso an menschliche Nähe gewöhnt sind und sich nur gemächlich entfernen, sobald du zu nahe kommst. Kaum beginne ich zu schnorcheln, fühle ich mich zuhause. Ich genieße die Stille, die wogenden Bewegungen des Wassers und könnte den Meeresbewohnern stundenlang zusehen.
Am feinsandigen, hellen Strand sitze ich, verliere die Zeit und betrachte beeindruckt die glasklare, gestochen scharfe Horizontlinie, die von Ozean und Himmel gebildet wird. Allein darüber vergehen Stunden. Wäre nicht die Nacht gekommen, würde ich noch immer dort sitzen.
In einer Lampe auf dem Balkon meines Gastgeberhauses nistet ein Vogelpärchen und lässt sich auch von darunter sitzenden und sich unterhaltenden Menschen nicht aus der Ruhe bringen. Nur, wenn es ihnen zu bunt wird, werden wir mit kleinen Steinchen beworfen...
Die Tiere hier haben keine natürlichen Feinde und werden auch nicht (mehr) von Menschen gejagt.
Die andere Seite:
Obwohl Mexiko wohl eines der reichsten Länder der Erde ist, leben die meisten Menschen am Rand der Armut. Wie üblich, fällt der Reichtum nur einigen wenigen zu. Überall in den kleineren Seitenstraßen von Tulum und da, wo unbebautes Land liegt, findest du Müll zuhauf. Die Behausungen sind oft ärmlich – teilweise nur schnell hingeklatschte einstöckige Gebäude, nicht gestrichen und ohne Fensterglas –, vielleicht noch mit notdürftigen Holzverschlägen für einen provisorischen Innenhof, um etwas Privatsphäre zu haben.
Da seit mehreren Wochen in ganz Quintana Roo eine Algenpest herrscht, sind unter abgestorbenen Korallen und Seegras jede Menge Plastik in allen möglichen Ausführungen, Sonnenbrillen (teilweise noch unversehrt!), Badehosen, Shirts, etc. zu entdecken. Das ist nicht am Strand von gedankenlosen Besuchern liegen gelassen worden, sondern wird vom Meer angespült.
Korruption und Bestechung sind an der Tagesordnung und gehören zum täglichen Leben.
Gestern morgen begegne ich in einem kleinen Supermarkt zwei schwer bewaffneten Polizisten – mit Gewehr im Anschlag. Am Abend zuvor gab es eine Schießerei in einem nahe gelegenen Restaurant. Die mexikanische Mafia lässt grüßen.
Ebenso patrouilliert täglich Militär im offenen Jeep mit Maschinengewehr durch die Hauptstraßen. Für europäische Augen durchaus ungewohnt. Doch die Faustregel lautet: Da, wo Militärpolizei patrouilliert, ist es sicher. Dort, wo keine unterwegs, halt dich fern!
Viele herrenlose Hunde und Katzen gehören zum Straßenbild. Sie werden skrupellos irgendwo ausgesetzt oder außerhalb des Ortes einfach angebunden und sich selbst überlassen.
Was ebenfalls auf meinen Unwillen stößt sind die Ausländer – oft Deutsche –, die hierher auswandern, weil sie die Nase voll vom System haben, und dann aber versuchen, hier den großen Reibach zu machen und nun ihrerseits Touristen und eigenen Landsleuten das Geld aus der Tasche ziehen. Da kann ich nur sagen: Nichts dazu gelernt und 5D ist noch fern...
Es ist Sonntag. Ich sinke in die herrliche Stille am Pool und lasse die warmen Hände des Windes meine entblößte Haut streicheln. Oh, ihr Lieben, wie ich das vermisst habe! Absolutes Nichtstun, während die Sonne scheint. Selbst im Schatten ist es wunderbar sommerlich. Kein Reden, kein Smalltalk. Ich bin allein. Nur das Beobachten einer großen Ameise, die eine verwelkte Bougainvilleablüte nach Hause trägt. Da sie fast ganz unter den Blütenblättern verborgen ist, sieht es aus, als ob die Blume selbst auf Wanderschaft geht. Fasziniert und bewundernd verfolge ich das lautlose Wirken der Natur.
Mir wird sehr deutlich bewusst, dass ich das Reden in keinster Weise in meinem Leben brauchen würde. Während ich andere Menschen beobachte, bemerke ich immer wieder, dass die Quelle allen Missverständnisses und Unmuts der verbale Austausch ist. Wie oft wir etwas sagen und etwas ganz anderes meinen oder denken. Wie oft der Andere es anders versteht, weil er mit den Worten andere Wertigkeiten und Verletzungen (aus der Vergangenheit) verbindet. Wie viel einfacher es wäre, sich einfach in die Augen zu sehen anstatt wie ein Wasserfall zu reden.
Ich bin ein Zuhörer und Beobachter. Weil ich nun mal nicht der geborene Entertainer und Salon füllende Redner bin und auch mit leicht an der Oberfläche dahin plätschernden Gesprächen nicht wirklich mithalten kann, spüre ich inzwischen immer stärker mein Anderssein und dass mich die Menschen manchmal misstrauisch, oft wie ein Wesen vom anderen Stern anblicken. Nun gut, das bin ich ja auch – nichtsdestotrotz sorgt es für gelegentliche Anfälle von Einsamkeit und der drängenden Frage, wo denn all die Seelen sind, die sich in mir und ich mich in ihnen wieder erkenne... Vielleicht gucke ich nicht weit genug aus meinem schützenden Schneckenhaus heraus; vielleicht schaue ich meinem Gegenüber nicht lange genug in die Augen. Unter Menschen vermisse ich die Berührungen durch die Seele.
Ich schreibe lieber, weil ich dann Zeit habe, die richtigen Worte zu finden.
Ich bin in der Mystika-Ausstellung von Pepe Soho in Tulum, Mexiko. Pepe verfügt über die begnadete Fähigkeit, dich auf der Seelenebene zu berühren, wenn du dich darauf einlässt. Sein Medium dabei sind vor allem die Pferde, die er fotografiert und die Musik, die extra für die vier Initiationskammern komponiert wurde. Es trifft mich unverhofft in der „Liberation Chamber“ – sie ist ein echter, tiefgehender Weckruf und verbindet dich mit dem Seelenwissen, das du immer schon in dir trägst!
Du hast es schon immer gewusst, aber der Alltag lässt es dich vergessen.
Ich habe das große Glück, die Kammer ganz für mich allein zu haben. Schon beim ersten Bild, wenn ich in das Auge und die Seele eines wundervollen Pferdes blicke, öffnen sich die Schleusen und ich weine und schluchze, ohne zu wissen, warum. Das mich anblickende Seelenauge öffnet direkt mein Herz und ich erinnere mich.
Du erinnerst dich daran, was wirklich wichtig ist im Leben – ganz egal, wo du gerade stehst.
Es ist wieder sonnenklar in mir: Egal, was ich tue, es sollte immer meine Seele berühren, es sollte mich immer die Liebe in meinem Herzen spüren lassen.
Etwas Erstaunliches passiert, wenn du diese einfache Richtschnur befolgst: Es entsteht DANKBARKEIT.
Der Aufmerksamkeitsfokus verändert sich – weg von Problemen, hin zu dem, was deine Seele berührt. Je öfter deine Essenz berührt wird, desto dankbarer bist du. Je dankbarer du bist, desto mehr geschieht von dem, was deine Seele berührt und nährt.
Das ist die Aufwärtsspirale, nach der wir alle uns sehnen!
Deshalb weinen wir, wenn unsere Seele berührt wird.
Wenn du Dinge tust um des Geldes wegen, ohne dabei Freude in dir zu spüren – und zwar nicht über das verdiente Geld, sondern darüber, WAS DU TUST -, dann verlierst du den Kontakt zu deiner Seele. Wenn du Tätigkeiten ausübst aus reinem Pflichtgefühl, um Erwartungen anderer zu erfüllen, um deinen sozialen Status aufzubessern oder um von deinen Mitmenschen anerkannt zu werden und du hast eigentlich keine im Herzen empfundene Freude dabei, verlierst du den Kontakt und landest im Hamsterrad des Mangels (durch fehlende Seelennahrung).
Finde das, was dich mit Leidenschaft erfüllt. Entdecke das, was dein Herz höher schlagen lässt, was dich begeistert und was DIR GANZ PERSÖNLICH SINN verleiht. Frage nicht danach, ob es Sinn für andere macht. Spüre hin, welche „Arbeit“ DICH IM INNERSTEN BERÜHRT. Und Schritt für Schritt gehst du den Weg NACH HAUSE.
Es ist ein Prozess; es geschieht nicht von heute auf morgen. Ganz im Gegenteil, es kann ein ganzes Leben lang dauern, doch das ist okay! Es ist außerdem vollkommen abhängig davon, wo du gerade mit deinem Bewusstsein im Leben stehst.
Meine Erfahrung ist, wenn du das im Schnellverfahren durchziehen willst, wird dir dieser Wunsch erfüllt. Doch alle, die ich kenne und die auf diesen „Express“ aufgesprungen sind, haben meist schwere „Schicksalsschläge“ durchlebt.
Es geht auch weniger dramatisch und gemächlicher, wenn du kontinuierlich an deiner Bewusstseinsentwicklung arbeitest.
Ich trete aus der Kammer und bin wieder mit meinem „Schicksal“ versöhnt.
Die Wogen der widrigen Umstände, die mich die vorherigen Tage aus meiner Mitte geworfen und mich in innere Unruhe, Unzufriedenheit und Kämpfe verwickelt hatten, glätten sich. Ich gebe den Widerstand auf und vertraue wieder darauf, dass sich meine Seele etwas dabei gedacht hat und mich zu meinem Wohl leitet, auch wenn ich persönlich etwas ganz anderes wollte. Schritt für Schritt und Tag für Tag ergeben sich neue Umstände und Situationen, die bekräftigen, dass es so Sinn macht, wie meine Seele entschieden hat. Und zeigen mir die Faktoren auf, die mich von ihr weg führen. Wann immer ich aus Geldgründen (um Geld zu sparen oder aus Furcht, es könnte zu teuer werden) NICHT meiner Seele und meinem Gefühl gefolgt bin, ging das Leiden weiter.
Ich stelle – wieder einmal – fest: Der heftigste Widerstand (Ego) kommt immer aus und in uns selbst. Würde ich bedingungslos meiner Seele vertrauen, gäbe es keinen Widerstand mehr...
Sei dir deiner Befürchtungen bewusst und du hast die Freiheit, anders zu entscheiden. Es ist nur die Angst, die dich zurück hält. Es ist nur Furcht, die dich daran hindert, deinen Weg zu gehen.
Mit Liebe,
V. D. Shadar
Foto: V. D. Shadar, Mystika Ausstellung von Pepe Soho, Tulum, Mexiko, Mai 2022